Deutsche Leuchtkäferarten:
_________________________________________________________________________________________________-> Kurzreferenz zu den wesentlichen Unterscheidungsmerkmalen der drei Arten:
Spezies |
Lampyris noctiluca |
Lamprohiza splendidula |
Phosphaenus hemipterus |
Hauptvorkommen der ausgewachsenen Käfer (=Paarungszeit) |
Juli - August; |
Juni - Juli; |
Juni - Juli |
Larven |
Je 2 gelbliche Flecken in den Ecken einer jeden Rückenplatte; Leuchtet nur kurz und schwach, sowohl spontan als auch bei Störungen; Nachtaktiv, aber im Frühjahr/Frühsommer auch verstärkt tagaktiv "Walkabout larva" |
Asselartige Körperform; Leuchtet nur kurz und schwach bei Störungen, eher nicht spontan; Nachtaktiv |
Vergleichbar mit Lampyris, aber ohne Flecken; Leuchtet nur kurz und schwach, sowohl spontan als auch bei Störungen; Nachtaktiv, teilweise auch tagaktiv "Walkabout larva" |
Adultes Weibchen |
Gräulich dunkle Körperfarbe, keine Flügel (kurze Antennen); ca. 15-20mm; Leuchtet hell und über längere Zeiträume; Nachtaktiv |
Gelbliche Körperfarbe, leicht transparent, Stummelflügel (kurze Antennen); ca. 10mm; Leuchtet hell und über längere Zeiträume; Nachtaktiv |
Dunkle Körperfarbe, keine Flügel; ca. 10mm; Leuchtet nur kurz und schwach bei Störungen; Extrem versteckte Lebensweise, daher im Freiland praktisch nie zu sehen |
Adultes Männchen |
Bräunliche Körperfarbe, Flügel; ca. 10-12mm; Leuchtet im Freiland praktisch nie sichtbar; Nachtaktiv |
Hat 2 große durchsichtige Felder über den Augen im Schildchen, Bräunliche Körperfarbe, Flügel; ca. 8-10mm; Leuchtet kontinuierlich auch im Flug; Nachtaktiv |
Dunkle Körperfarbe, Stummelflügel, lange Antennen; ca. 6-8mm; Leuchtet nur kurz und schwach bei Störungen; Tagaktiv! |
Der "Bestimmungsschlüssel, danach" könnte auch noch hilfreich sein. Ich hatte ihn entwickelt, um bei meiner "Meldung von Vorkommen in Deutschland" eine nachträgliche Artzuweisung zu ermöglichen.
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Gute Abbildungen zur Erleichterung der Artbestimmung sind auf folgenden Internetseiten zu finden:
Zeichnungen aller drei Arten (adulte Männchen und Weibchen sowie Larven) UND Links zu weiteren Abbildungen unter_________________________________________________________________________________________________
Auch andere Organismen in Deutschland sind des Leuchtens fähig.
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-> Kurzreferenz Lampyris
noctiluca Linnaeus, 1758
(deutsch: z.B."Großer Leuchtkäfer" bzw.
"Großes Glühwürmchen" oder auch "Großes Johannisglühwürmchen"; englisch: z.B.
"Common European Glow-worm")
Literaturtipps: Schwalb (1961), Tyler (2002), Wunsch (1995)
Eine Larve von Lampyris noctiluca Foto: Von einer Sichtungsmelderin |
Ein adultes Weibchen von Lampyris noctiluca Foto: Von einer Sichtungsmelderin |
Ein adultes Männchen von Lampyris noctiluca Foto: Jürgen Hurst |
Zwei adulte Männchen mit einem adulten Weibchen (Lampyris noctiluca) ... Ein Männchen auf dem Rücken des Weibchens bei der Paarung, ein Männchen im Vordergrund, das Weibchen in der Mitte |
Ein adultes Männchen von Lampyris noctiluca, den Flug vorbereitend. Foto: Jürgen Hurst |
- Bemerkenswertes und "Leuchtprofil": Hierbei handelt es sich um die größte der drei Arten, die Weibchen sind durchschnittlich 15-20mm lang, die Männchen 10-12mm. Bei Lampyris noctiluca leuchten die ausgewachsenen Weibchen bei Weitem am auffälligsten, eine typische Sommernachtsbeobachtung. Das spontane oder störungsinduzierte Leuchten der Larven ist deutlich schwächer und wird im Freiland vor allem im Herbst beobachtet. Im Frühjahr/Frühsommer kann man die Larven oft tagsüber beim Umherwandern ("walkabout larvae" (Tyler (2002))) beobachten. Bilder dieser Larven "auf Wanderschaft" sind in der Fotogalerie "Leuchtkäferwanderung in Berlin" zu finden. Die ausgewachsenen Männchen haben kein extra Leuchtorgan ausgebildet, sondern nur das larvale "übernommen". Sie sind fast nie leuchtend im Freiland zu sehen. Lampyris noctiluca ist die am besten erforschte Art der drei hier vorgestellten.
Leuchtmuster eines adulten Weibchens von Lampyris noctiluca |
- Lebenszyklus:Typischerweise schlüpfen die Larven aus den Eiern im Herbst des ersten Kalenderjahres, sie überwintern einmal und legen im zweiten Kalenderjahr stark an Masse zu. Nach einer zweiten Überwinterung verpuppen sich die Larven im Sommer des dritten Kalenderjahres. Aus der Puppe schlüpfen die ausgewachsenen Tiere mit verkümmerten Mundwerkzeugen. Sie leben nur noch für die Fortpflanzung und nehmen keinerlei Nahrung mehr zu sich. Entsprechend kurz ist die Lebensspanne der ausgewachsenen Tiere, die Weibchen sterben kurz nach der Eiablage oder spätestens etwa zwei Wochen nach dem Schlupf aus der Puppe. Es muss allerdings betont werden, dass sowohl die Anzahl der Häutungen, als auch die Gesamtdauer der Entwicklung (sehr wahrscheinlich auch wie oft überwintert wird) variabel sind. Vgl. "Nachzucht sardischer Glühwürmchen".
- Biotope: Geeignete Biotope sind feuchte Gebiete mit ausreichend Schnecken. Die Larven leben in Laubstreu und Krautschicht. Offene, nicht zu stark zugewucherte, Bereiche sind nötig damit die ausgewachsenen Weibchen für ihre Leuchtpräsentation eine einsehbare "Bühne" und die Männchen freies Flugfeld haben. Solche Bedingungen findet man z.B. an Waldrändern. Als typische "Städtische Biotope" werden oft Gärten, Friedhöfe und die Seitenstreifen von Eisenbahnschienen erwähnt.
- Sexualverhalten: Das Weibchen beginnt bei ausreichender Dunkelheit (meist um 22 Uhr) an einem gut sichtbaren Platz in typischer Leuchtstellung (der Hinterleib mit den Leuchtorganen an der Unterseite wird seitlich nach oben gedreht, meist auf einem erhöhten Platz z.B. auf einem Grashalm) mit dem Anlocken von einem der niedrig fliegenden Männchen, welche das Leuchten mit ihren großen Facettenaugen wahrnehmen. Bleibt der Paarungserfolg lange aus, beginnt das Weibchen noch zusätzlich mit dem Hinterteil zu schwenken. Kam es nicht zur Paarung wird das Leuchten meist vor 1 Uhr wieder eingestellt. Wenn ein Männchen ein Weibchen bemerkt hat, lässt es sich im nahen Umkreis fallen und läuft zum ihm um sich zu paaren. In direkter Nähe spielen anscheinend auch Duftstoffe bei der Orientierung eine Rolle. Nach der Paarung stellt das Weibchen das Leuchten ein und beginnt zeitnah mit der Eiablage.
- Jagdverhalten/Ernährung: Es werden Gehäuse- und Nacktschnecken erbeutet. Dazu beißt die Larve in das Vorderende der Schnecke und injiziert ein Gift. Bei Gehäuseschnecken klettert sie auf das Gehäuse und belauert die Öffnung um die Schnecke immer wieder zu beißen, solange bis diese gelähmt ist. Halt auf dem Gehäuse bietet während der mitunter sehr langen "Lauerphase" ein spezielles Organ (Pygopodium, "tail organ"), eine Art "Zusatzfuß" bestehend aus einen ausstülpbaren Kranz haftender Schläuche. Nacktschnecken werden nicht bestiegen. Gegebenenfalls zieht die Larve ihre Beute dann noch im Rückwärtsgang, ebenfalls unter Zuhilfenahme des Pygopodiums, an einen geschützteren Ort. Schließlich frißt die Larve die Schnecke und nimmt dabei stark an Körperumfang zu. Eine ausführliche Reinigung von Schleim und Futterresten wird dadurch erreicht, dass das Pygopodium als "Waschlappen" benutzt wird.
_________________________________________________________________________________________________-> Kurzreferenz Lamprohiza
splendidula (Linnaeus, 1767)
(deutsch: z.B. "Kleiner Leuchtkäfer" bzw. "Kleines Glühwürmchen" oder
auch "Gemeines Glühwürmchen"; englisch: z.B. "Central European Firefly"
)
Literaturtipps: Schwalb (1961)
Larve von Lamprohiza splendidula |
Ein adultes Weibchen von Lamprohiza splendidula Foto: D. Weiß (Website: http://www.chemie.uni-jena.de/institute/oc/weiss/start.html (externer Link)) |
Ein adultes Männchen von Lamprohiza splendidula (auf dem Rücken liegend) Foto: D. Weiß (Website: http://www.chemie.uni-jena.de/institute/oc/weiss/start.html (externer Link)) |
Fotogalerie "Leuchtende Männchen (Lamprohiza splendidula)"
- Bemerkenswertes und "Leuchtprofil": Die Weibchen sind durchschnittlich 10mm, die Männchen 8-10mm lang. Bei Lamprohiza splendidula leuchten wohl die Männchen am auffälligsten, da sie sowohl einen großes Leuchtorgan ausgebildet haben, als auch dieses im Flug über längere Zeiträume benutzen! Die Weibchen leuchten ähnlich deutlich, nur können sie nicht dabei fliegen. Die Lichter der erwachsenen Tiere kann man meist schon eher im Jahr bewundern als die von Lampyris noctiluca. Obwohl Schwalb (1961) es beschrieben hat, zeigen die Larven wahrscheinlich kein spontanes Leuchten und das störungsbedingte Leuchten kann wohl nur in Phasen kurz vor einer Häutung induziert werden (dann aber schon bei geringen Störungen) (De Cock (2009)). Die beste Zeit zur Beobachtung dieses Leuchtens im Freiland ist der Herbst. Lamprohiza splendidula wird in etwas älterer Literatur oft noch als "Phausis splendidula" bezeichnet.
Leuchtmuster eines adulten Weibchens von Lamprohiza splendidula |
- Lebenszyklus: Schwalb (1961) geht auch bei Lamprohiza splendidula von einem dreijährigen Zyklus aus. Auch ansonsten wohl Lampyris noctiluca ähnlich. Die Paarungs-Saison beginnt allerdings etwas eher. Außerdem bauen die Larven zur Verpuppung eine kleine Höhle (Schwalb (1961)).
- Biotope: Ähnlich denen von Lampyris noctiluca. Ist aber als Larve stärker auf die Bodenschicht fixiert (Schwalb (1961)).
- Sexualverhalten: Ähnlich dem von Lampyris noctiluca, allerdings mit anderer Leuchtstellung des Weibchens (Hinterleib wird einfach über den Körper nach oben gebogen und es werden seltener erhöhte Stellen aufgesucht). Das Leuchten der Männchen scheint für die Weibchen keine Rolle zu spielen (Schwalb (1961)).
- Jagdverhalten/Ernährung: Nach Schwalb (1961) prinzipiell so wie bei Lampyris noctiluca, aber weniger stark differenziert. So treten die Verhaltensmuster des Gehäusebesteigens und Beuteverschleppens deutlich seltener auf und auch das Putzen mit dem Pygopodium wird nur selten durchgeführt (die Larve erscheint dafür zu "ungelenk" und es wird eher mit den Beinen geputzt).
_________________________________________________________________________________________________-> Kurzreferenz
Phosphaenus
hemipterus (Goeze, 1777)
(deutsch: z.B. "Kurzflügelleuchtkäfer"; englisch: z.B. "Lesser
Glow-worm" oder auch "Small Glow-worm")
Literaturtipps: De Cock (2000)
Ein adultes Männchen von Phosphaenus hemipterus Foto: Heiko Wagner |
Eine Phosphaenus hemipterus-Larve im Detail Foto: Ulrich Reiser |
Eine Phosphaenus hemipterus-Larve im Größenvergleich Foto: Von einer Sichtungsmelderin |
- Bemerkenswertes und "Leuchtprofil": Hierbei handelt es sich um die kleinste
der drei Arten, die Weibchen sind durchschnittlich 10mm lang, die Männchen
6-8mm. Bei Phosphaenus hemipterus leuchten sowohl Larven als auch die ausgewachsenen Tiere beiderlei Geschlechts nur schwach und kurz. Die Larven tun dies auch spontan und nicht nur bei Störungen, die Adulten nur bei Störungen. Beide Geschlechter können nicht fliegen (die Weibchen haben keine Flügel, die Männchen nur Stummelflügel), was bei Lampyriden selten oder sogar einzigartig ist. Ansonsten sind höchstens Arten bekannt, bei den flugfähige und flugunfähige Männchen nebeneinander vorkommen. Auch Sexualverhalten und Beuteschema sind recht ungewöhnlich für europäische Lampyriden. Phosphaenus hemipterus wurde, vermutlich auf dem gleichen Weg wie verschiedene Regenwurmarten, anthropogen (durch den Menschen) nach Nordamerika verbreitet (Majka & MacIvor (2009)). In der Roten Liste gefährdeter Tiere Deutschlands (Binot et al. 1998) als
Siehe auch Erläuterungen unter "Wer leuchtet wann, wie und warum?"
- Lebenszyklus: Im Grunde wohl ähnlich den beiden anderen Arten, mit einer relativ langen Larvenphase, in der die Fettreserven für die Zeit als Erwachsener aufgebaut werden. Über die Entwicklungsdauer können aber wohl noch keine Aussagen getroffen werden.
- Biotope: Nach De Cock (2000) ist Phosphaenus hemipterus besonders in Biotopen mit lehmigem Boden anzutreffen (hohes Beutevorkommen) und auch Gebiete mit abruptem Übergang von dicht bewachsenen Bereichen zu vegetationsfreien Flächen wie z.B. Schotter, Pflaster oder Asphalt sind typisch. Folglich scheint eine rechte urbane (städtische) Verbreitung denkbar. Die Art wird vermutlich wegen ihrer geringen Größe und dem leuchtkäferuntypischen Verhalten und Aussehen (Männchen sind eher Kurzflügelkäfern ähnlich) oft übersehen.
- Sexualverhalten: Nicht Leuchten dient der Partnerfindung, sondern die Männchen suchen die versteckten Weibchen indem sie mit ihren großen Antennen deren Geruch folgen. Dabei halten sie z.T. auch von erhöhten Standpunkten wie Grashalmen die Fühler in den Wind (De Cock & Matthysen (2005)).
- Jagdverhalten/Ernährung: Die hauptsächliche Beute der Larven sind laut Raphaël De Cock Regenwürmer. Er teilte mir mit, dass er in fünf Jahren Untersuchung, noch nie eine Larve eine Schnecke angreifen sah. Stattdessen werden Regenwürmer bereitwillig erlegt und gefressen (De Cock (2000)). Regenwürmer als Beute sind sonst vor allem vor nordamerikanische und asiatische Leuchtkäferarten bekannt.